Weitere Kriminalisierung von solidarischer Beobachtung bei rassistischer Polizeikontrolle

Am 26.2.2019 fand die Verhandlung einer Genossin am Verwaltungsgericht statt, welche eine Straferkenntnis der Favoritener Polizei nicht anerkannt hat.

Was ist passiert?

Am 1.6.18 gegen 21 Uhr hat sie am Keplerplatz eine rassistische Polizeikontrolle beobachtet und hat mit solidarischem Verhalten gegenüber jenen von Rassismus Betroffenen, die Missgunst der BeamtInnen angestoßen. Direkt nach der Beendigung der rassistischen Kontrolle, wurde ihr eine Verwaltungsübertretung angelastet, weil sie mit dem Fahrrad in der Fußgänger*innenzone gefahren ist. Sie hat sich gegen die sofortige Aushändigung ihrer personenbezogenen Daten geweigert und den BeamtInnen mitgeteilt, dass es sich hierbei um eine Schikane handeln muss, verhängt weil sich die Polizei nicht gerne beobachten lässt bei rassistischen Polizeikontrollen. Am gleichen Tag fand am Keplerplatz die anarchistische Büchermesse statt, und im Zuge einer Polizeischikane gegen ihre Teilnehmenden wurde erfolgreich nicht-kooperiert. Die Annahme, dass es einen Zusammenhang zwischen jenem Vorfall und der Konstruktions- und Repressionswut der BeamtInnen im Zuge der Kriminalisierung der betroffenen Genossin gibt, liegt nahe.

Ende Juni kam der blaue Brief mit der Strafverfügung über 270€ wegen Missachtung des Fahrverbotes und 2 Verstößen gegen den §1 des Wiener Landes Sicherheitsgesetzes. Es wird behauptet, dass sie folgendes zu den Sicherheitsbeamten gesagt hätte: „Ihr seid alle blöde Arschlöcher und jeder der bei der Polizei ist, ist kein Mensch; ihr könnt ja sonst nix“ , „Warum reden die mit den Arschlöchern, die Polizisten sind ja alle nur Arschlöcher“. Nach bekannter Praxis wurde von ihr Einspruch gegen die Strafverfügung und Beschwerde gegen die darauf folgende Straferkenntnis eingehoben. Während der Verhandlung hat sie sich nicht auf das Frage-Antwort-Spiel der Richterin eingelassen, sondern eine zusammenhängende Erklärung und ein Statement zum Vorfall und den gesellschaftlichen Bedingungen, die racial profiling möglich machen, abgegeben. Die Aussagen der beiden als ZeugInnen geladenen und im Juni involvierten PolizistInnen deckten sich fast zur Gänze – inklusive der Dinge die sie erfunden haben um die Genossin zu belasten. Schon im Vorhinein war klar, dass die Richterin ihnen Glauben schenken wird, und so kam es wie erwartet, dass die Genossin verurteilt wurde. Trotz dessen konnten 2 PolizistInnen für mindestens 3 Stunden daran gehindert werden, weitere Menschen zu schikanieren. Die von den BeamtInnen vorangegangene rassistische Polizeikontrolle konnte sichtbar
gemacht, und innerhalb der Institution Verwaltungsgericht kritisiert werden.

Einige weitere Genossis und Gefährt*innen zeigten sich solidarisch, schon im Vorhinein als Unterstützung bei der Vorbereitung auf die Verhandlung, und auch während der
Verhandlung, als sie kollektiv zur Urteilsverkündung nicht aufstanden. Auch im Nachhinein fand ein füreinander da sein statt, das Geschehene wurde gemeinsam in der Sonne reflektiert und verarbeitet.

Dies ist kein Einzelfall, rassistische Polizeikontrollen und Repression, Abschiebung und Gewalt passieren tagtäglich. Im November 2018 wurde in Wien eine Genossin zu 3 Monaten Haft auf 3 Jahren Bewährung verurteilt, weil in ihrem Fall ein Widerstand gegen die Staatsgewalt im Zuge einer Beobachtung eines Falles vonracial profiling von Justiz und Polizei konstruiert wurde. Der Polizei und dem Gewaltmonopol ist es ein Dorn im Auge, wenn sich Menschen solidarisch zueinander und widerständig verhalten. Um dem etwas entgegen zu setzen, wenden sie Kriminalisierung und zunehmende Repression gegen jene an.

Unsere Stärken sind der politische Umgang mit jenen Verhältnissen, das Erkennen von Zusammenhängen und unsere aktive Solidarität und Widerständigkeit trotz Repression!
Kein Repressionsschlag kann uns ausknocken.
Gegen die Zuspitzung von rassistischen und repressiven Praxen der Polizei und Justiz!
Gegen alle repressiven Zumutungen, und die Verhältnisse die jene produzieren!

Anbei das Statement welches vor Gericht vorgelesen wurde:

Zusammenhängende Erklärung
Jenes Statement soll die Sachlage und den Hergang des Vorfalls vom 1.6.18, aus meiner Sicht darstellen und einordnen, da sich in der Straferkenntnis beschriebene Aussagen, so nicht zugetragen haben.

Am 1.6.18 gegen 21:20, habe ich zufällig auf meinem Nachhause-Weg eine Polizeikontrolle neben der Kirche am Keplerplatz gesehen, welche ich als racial profiling wahrgenommen habe. Jene vorrangegangene Situation ist darin nicht angeführt, erscheint mir aber als relevant für das Zustandekommen der Strafverfügung und den in ihr
enthaltenen Darstellungen meiner Aussagen gegenüber den BeamtInnen. 3 von mir als weiß*, (weiß als soziales Konstrukt), wahrgenommene PolizistInnen haben eine Person, welche von mir als nicht-weiß* und von Rassismus betroffen wahrgenommene Person kontrolliert.

Generell empfinde ich es als notwendig, aus antirassistischer Haltung racial profiling zu Beobachten und zivilcouragiert zu agieren. Einerseits um der Betroffenen Person als Zeugin zu dienen falls zusätzlich rechtswidriges Handeln von Seiten der Polizei stattfindet, und um der Praxis des racial profilings eine solidarische Praxis konkret
entgegenzustellen und dies gegenüber der Polizei welche racial profiling betreibt, sichtbar
zu machen. Ich selbst beobachte zunehmend rassistische Polizeikontrollen, vor allem seit dem
konservativ- rechtsextremen Regierungswechsel, an Orten wie Bahnhöfen oder Busbahnhöfen, am Gürtel entlang der U-Bahnlinie U6, und an öffentlichen Plätzen generell. Laut eines Artikels im Augustin, hat Österreich die EU-weit höchste Rate an
wahrgenommenen racial profiling. Dabei wurden 66% der Befragten mindestens einmal in den letzten 5 Jahren von der Polizei kontrolliert und 55% sind davon überzeugt, dass sie aufgrund ihrer Hautfarbe
angehalten wurden. Rassismus ist ein historisch verwachsenes, gesellschaftliches Verhältnis und großer Teil der Ideologien der regierenden Parteien. Die Manifestierungdieser Ideologien wird innerhalb von gesellschaftlichen Strukturen, und deren konkrete Umsetzung in gesellschaftlichem Leben, ermöglicht. Das hat massive Auswirkungen auf
die Lebensrealitäten von, von Rassismus Betroffenen, wie beispielsweise sich häufenden
rassistischen Polizeikontrollen.

In meiner Wahrnehmung habe ich derart herabwürdigende Dinge nicht gegenüber den
BeamtInnen geäußert, sondern damit argumentiert, dass ich es für notwendig empfinde eine rassistische Polizeikontrolle zu beobachten. Vermutlich stellt es sich von Seiten der Polizei als nicht einfach dar, eine dementsprechende Kritik anzunehmen, da sie ja
eigentlich auch im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes und von
Antidiskriminierungsgrundsätzen agieren sollen. In meiner Wahrnehmung gibt es einen Zusammenhang zwischen meinen tatsächlich getätigten Aussagen gegenüber der Polizei bezüglich racial profiling und deren Konstruktion meines angeblich stattgefundenen Gebrauchs von ordinären Schimpfwörtern wie „Polizisten sind ja alle nur Arschlöcher“. Außerdem existieren bereits weitere Fälle von Kriminalisierungsversuchen von Seiten der
Polizei im Zuge von Beobachtungen von rassistischen Polizeikontrollen. Im November
2018 wurde eine Person zu 3 Monaten Haft auf 3 Jahren Bewährung verurteilt, weil ihr ein Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen wurde, welcher von ihr als Konstruktion von Seiten der Polizei wahrgenommen wurde, da sie ebenfalls eine rassistische Polizeikontrolle beobachtet hat.
Ich ersuche um Strafminderung.